Kugeln oder selbstgemachter Schmuck? Stern oder Spitze? Und wem wurde die Ehre zuteil, die Lichterketten aufzuhängen? Wir haben verschiedene Personen aus der deutschen Minderheit nach ihren Erinnerungen an den Weihnachtsbaum gefragt.
Der Christbaumspitz war am wichtigsten
In meiner Kindheit war der Weihnachtsbaum künstlich. Einen echten konnte man wahrscheinlich nicht kaufen, oder wir hatten nicht so eine Möglichkeit. An der Spitze des Weihnachtsbaums befand sich immer eine Christbaumspitze, und das war das Allerwichtigste. An den Weihnachtsbaum haben wir bunte, glitzernde Kugeln gehängt, in verschiedenen Formen, z. B. Pilze, Gurken, Zigarren, eingewickelte Stöcke. Nüsse haben wir in Silberpapier eingewickelt. Manchmal bekamen wir Kugeln aus Schokolade aus Deutschland. Wir haben Ketten gemacht und es gab auch Dekorationen aus Stroh. Aber das Wichtigste waren die Lichter am Weihnachtsbaum und die Geschenke unter dem Baum. Wir waren zu fünft zu Hause und warteten alle ungeduldig auf sie.
Weihnachtskrippe von Potka
Das Schmücken des Weihnachtsbaums war in meinem Elternhaus immer ein besonderer Moment. Wir schmückten unseren Weihnachtsbaum immer gemeinsam mit meinen Schwestern am Heiligabend. Dann schmückten wir einen zweiten Weihnachtsbaum bei unserer Oma, die ein Stockwerk tiefer wohnte. Die Kugeln haben wir gemeinsam aufgehängt, die Lichter habe ich immer selbst aufgehängt. Dann kontrollierten wir alle, ob der Weihnachtsbaum gut aussah. Wir glaubten alle fest an das Christkind, und das gab dem Schmücken des Weihnachtsbaums immer eine besondere Atmosphäre. Wir waren überzeugt, dass etwas Außergewöhnliches geschehen würde. An diesem Tag schmückten wir nicht nur den Weihnachtsbaum, sondern stellten auch eine Weihnachtskrippe aus Figuren auf, die mein Vater von seiner Potka (d. h. Patentante) in Deutsch Piekar erhalten hatte. Diese Figuren waren sehr alt. Wir besaßen etwa 12 Figuren und viele Tieren, die die Weihnachtskrippe umgaben. Auch heute noch stellen wir diese Krippe mit großer Freude auf.
Der Zauber von Weihnachten ist unveränderlich
Bei mir zu Hause wird der Weihnachtsbaum am Morgen des Heiligen Abends geschmückt, und die Kinder waren dafür verantwortlich. So war es in meinem Elternhaus, und so ist es auch heute noch. In meiner Kindheit wurde der Weihnachtsbaum nicht nur mit Glaskugeln und elektrischen Lichtern geschmückt, sondern auch mit Lametta und Süßigkeiten, die an Fäden hingen. Das war eine Herausforderung für uns, da wir an Heiligabend keine Süßigkeiten essen durften. Der Weihnachtsbaum wurde auch mit Ketten geschmückt, die im Schulunterricht aus buntem Papier geklebt wurden. Abends, nach dem Abendessen, tauchten auf geheimnisvolle Weise Geschenke unter dem Baum auf. Bevor sie geöffnet werden durften, mussten Weihnachtslieder gesungen werden. Heute hat sich in dieser Hinsicht nicht viel geändert, abgesehen von der Dekoration des Weihnachtsbaums. Natürlich ist das Christkind reicher, denn es muss nicht mehr „mit Bezugsscheinen“ kaufen oder in einem Geschäft Schlange stehen, um etwas zu kaufen. Aber der „Weihnachtszauber“ ist derselbe wie früher.
Duftender Weihnachtsbaum
Es war im Jahr 2000, große Persönlichkeiten aus unserem DFK waren noch am Leben, Josef Haida, Rosmarie Jarek, Marek Bonk war noch gut auf den Beinen. Und Frau Gzylla war noch gesund und wir machten uns einen schönen Abend mit Weihnachtsliedern unter dem Weihnachtsbaum, der herrlich duftete. Im alten Herd brannte ein Feuer und man hörte die Holzscheite brennen. Wir waren noch über 100 Leute und es war nicht wichtig, was auf dem Tisch stand, sondern was im Herzen war. Alle sangen Weihnachtslieder: „Stille Nacht“, „O Tannenbaum“ und andere. Jemand spielte auf dem Akkordeon. Die Tatsache, dass gesungen wurde, und zwar auf Deutsch, war das Wichtigste. Wir hatten fotokopierte Liedblätter und obwohl sie stark zerfleddert waren, reichten sie völlig aus. Die meisten der älteren Leute konnten alle Lieder auswendig. Und obwohl das alles sehr bescheiden war, war die Wirkung – zumindest für mich – wunderbar. Im Laufe der Zeit ist die Tradition der Gesangstreffen um den Weihnachtsbaum leider verblasst. Wichtig ist, dass wir langsam zu dieser Tradition zurückkehren. Ich tue mein Bestes, damit die deutsche Sprache in unserem DFK und damit in Oberschlesien präsent ist.
Weihnachtliche Stimmungen
Die Vorweihnachtszeit war immer zauberhaft und einer der schönsten Höhepunkte war das Schmücken des Weihnachtsbaums. Zuerst war es ein künstlicher Weihnachtsbaum, dann kauften meine Eltern echte Bäume. Ich erinnere mich an den herrlichen Geruch, der sich in der ganzen Wohnung verbreitete. Bei mir zuhause war es genauso wie in jedem schlesischen Zuhause in den 1990er Jahren, als die ersten Satellitenschüsseln auftauchten. Es lief deutsches Fernsehen und ich liebte natürlich die typischen Weihnachtsfilme. Der Fernseher vermittelte uns eine festliche Atmosphäre, und von den deutschen Weihnachtsliedern, die dort liefen, gefiel mir „O Tannenbaum“ am besten. Ich mochte es sehr, dass sich das Lied auf den Baum bezog, den meine Eltern und ich so gerne schmückten und versuchten, ihn jedes Jahr anders aussehen zu lassen. Der Weihnachtsbaum löst bei mir immer positive Gefühle aus, nicht zuletzt, weil wir ihn früher gemeinsam mit der ganzen Familie geschmückt haben. Jedes Jahr betrachte ich unseren Weihnachtsbaum mit großer Vorliebe. Und das Lied „O Tannenbaum“, das so gut dazu passte, hat sich bei mir viel stärker eingeprägt als jedes andere Weihnachtslied.
Nicht blinkende Lichter
Als ich noch bei meinen Eltern und meiner Schwester wohnte, hatten wir einen künstlichen Weihnachtsbaum. An dem Baum waren Lichter, aber sie blinkten nicht. Meine Freunde hatten schon blinkende Lichterketten und meine Schwester und ich wollten auch eine haben. Unsere Eltern haben uns keine gekauft und im Nachhinein denke ich, dass das gut so war, denn ich glaube, blinkende Lichter sind nur für kleine Kinder attraktiv. Außerdem haben wir immer Lametta an den Weihnachtsbaum gehängt und Watte auf die Zweige gelegt. Zudem hat es lange gedauert, den Weihnachtsbaum zu schmücken, weil er voller Dinge war. Aber meine Schwester und ich wollten ihn nicht abbauen, also haben es immer unsere Eltern gemacht. Seit ich meine eigene Familie habe, habe ich immer einen echten Weihnachtsbaum. Wir hängen so wenig Dekoration wie möglich daran. Er ist bescheiden. Mir reichen bunte Lichter, die nicht flackern, weil ich das im Moment am liebsten mag. Wenn der Baum eine schöne Form hat, braucht man nicht viel daran zu hängen. Er ist auch so schon schön.
Mein erstes Weihnachten
Meine Aussage wird wahrscheinlich nicht besonders originell sein, denn in meiner Kindheit wurde in den meisten Familien großer Wert auf die Einhaltung von Traditionen gelegt. Der Weihnachtsbaum war daher natürlich ein Naturprodukt. Etwa 300 Meter von meinem Elternhaus entfernt gab es ein Forsthaus, in dem man einen Baum bekommen konnte, der meist auf einem Schlitten hergebracht wurde. Er wurde – auch hier waren wir orthodox – am Heiligabend, den 24. Dezember, geschmückt. Das Schmücken wurde von meinem Vater geleitet, aber mein 1,5 Jahre jüngerer Bruder Marcin und ich nahmen aktiv daran teil. Dieses Schmücken erfolgte in drei Etappen: zuerst die Beleuchtung, elektrisch, aber echte Kerzen imitierend, dann die Kugeln und schließlich das Lametta. Die Holzkrippe wurde etwas weiter weg aufgestellt und ich erinnere mich auch an so eine bewegliche Weihnachtspyramide, angetrieben von der Wärme brennender Kerzen, mitgebracht aus der DDR, glaube ich. Eine besondere Weihnachtsbaumgeschichte in unserer Familie war, dass mein Vater immer wieder von meinem ersten Weihnachten erzählt hat, an das ich mich natürlich nicht erinnern kann. Als Kind, das im Januar geboren wurde, zeigte ich im Dezember natürlich schon ein gewisses Interesse an der Welt um mich herum. Zu meiner Sicherheit und zur Sicherheit der übrigen Familie hatte ich einen Zwinger zur Verfügung, von dem aus ich die Vorbereitungen für Weihnachten beobachtete. Wenn mein Vater begann, den Weihnachtsbaum zu schmücken, stieß ich nach dem Aufhängen der Kugeln einen Laut der Bewunderung aus, der nicht aufgeschrieben werden kann, den mein Vater aber in späteren Erzählungen immer wieder nachahmte.
Zusammengestellt von Manuela Leibig und Anna Durecka