Seliges Ermland, gesegnetes Ermland
Es war die erste Hauptstadt des Bistums Ermland. Hier gründete unter anderem die selige Regina Protmann die Kongregation der Heiligen Katharina. Heute ist Braunsberg eine kleine Stadt am Rande der Europäischen Union, nahe der Grenze zu Russland. Doch am 31. Mai stand es im Mittelpunkt des Interesses nicht nur Ermlands und Polens, sondern weltweit. Gleich 15 Personen auf einmal, 15 Katharinenschwestern, wurden in einer feierlichen Zeremonie seliggesprochen. Vor Ort erwarteten die Organisatoren in Braunsberg mehrere Tausende Gäste. Für 4.000 waren Sitze vor der Katharinenkirche vorbereitet, 2.000 weitere sollten im Amphitheater Platz finden können. Mit den nötigen Sicherheitsmaßnahmen und der Verkehrsleitung war es eine große logistische Herausforderung für die 17.000-Einwohner-Stadt Braunsberg, die sie reibungslos löste

Foto: Uwe Hahnkamp
Feiertag auch für die Katholiken der deutschen Minderheit
Aus Allenstein/Olsztyn hatte sich eine kleine Gruppe Gläubiger aus der deutschen Minderheit frühzeitig auf den Weg gemacht, um Plätze nahe der Bühne bei der Katharinenkirche zu erhaschen. Dabei war auch Pfarrer Achim Brennecke, der Präses der Ermlandfamilie, also der Organisation der ehemaligen Ermländer in Deutschland, der eine persönliche Bindung zu Braunsberg hat. „Die Großeltern lebten in der Nähe und hatten die Gastronomie in der Kaserne. Mein Vater aus Leverkusen war dort stationiert, und so lernten sich meine Eltern kennen“, erzählte er mit Blick auf die heutigen Gebäude der Panzerkavalleriebrigade, bei der ein Sonderparkplatz zur Seligsprechung eingerichtet war. Voller Vorfreude machte er sich mit der Gruppe auf den Weg in die Innenstadt: „Endlich ist der Zeitpunkt gekommen, und der Kardinal als Vertreter des Vatikans erklärt, dass die Frauen es wert sind, Selige zu werden.“

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Etwa zwanzig Jahre hat der ganze Prozess der Seligsprechung gedauert, wie Domherr Andre Schmeier, der katholische Seelsorger der deutschen Minderheit in der Region, erklärte: „Diese 15 Katharinenschwestern sind 1945 in Folge des Endes des Zweiten Weltkriegs zum Teil auf sehr grausame Weise von Soldaten der Roten Armee umgebracht worden. Sie stehen hier stellvertretend für insgesamt 104 Schwestern, die dieses Martyrium erlitten haben.“ Und das musste entsprechend dokumentiert und kontrolliert werden.

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Die Katharinenschwestern damals und heute
Für Domherr Schmeier war es ein besonderer Tag auch aus zwei anderen Gründen: „Es ist die erste Seligsprechung überhaupt auf dem Boden des Ermlands. Die selige Regina Protmann stammt zwar aus dem Ermland, wurde aber von Johannes Paul II. in Warschau selig gesprochen.“ Außerdem ist er seit Beginn seiner Tätigkeit im Ermland eng mit den Katharinenschwestern verbunden und hielt einmal im Monat eine Messe im Katharinenkloster in Heilsberg, Jetzt war er mit der großen Delegation der Kongregation der Heiligen Katharina bei den Leidensorten der Schwestern 1945: „In Heilsberg im Refektorium wurden von einem sowjetischen Soldaten drei Nonnen erschossen, die andere beschützen wollten, das waren die Schwestern Maria Sabinella, Maria Aniceta und Maria Gebharda.”

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Diese sowie andere Leidensgeschichten und Biographien wurden vor der Messe zur Seligsprechung vor der Katharinenkirche erzählt, auf Großbildleinwand, per Internet und Fernsehen konnten die Gläubigen vor Ort sowie landes- und weltweit das Ereignis verfolgen. Viele geistliche und politische Würdenträger aus Polen und darüber hinaus waren gekommen, vor allem Bürgermeister und Landräte der Orte des Martyriums der Schwestern. Vor der Bühne dominierten das Gold der Ornate der Priester sowie das Schwarz-Weiß des Habits der Schwestern .

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Latein als verbindendes Element und als Ehre
Die eigentliche Seligsprechung war im Grunde ein schlichter, unspektakulärer Akt, der nicht besonders viel Zeit in Anspruch nahm. Ermlands Erzbischof Józef Górzyński Als Vertreter der Antragsteller bat um die formelle Anerkennung der Schwestern als Selige. Ihre Namen und sehr kurze Biographien trug die Katharinenschwester Łucja Jaworska vor. Dann folgte die Formel, die im Namen von Papst Leon XIV. Kardinal Marcello Semeraro sprach, und der Dank von Erzbischof Górzyński.

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Ein großer Teil der Messe wurde, wie es noch bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil üblich war, auf Latein zelebriert. Latein als die verbindende Sprache der Kirche, aber auch als Ehrung dieses besonderen Moments. Für die Gäste, die zum großen Teil diese Sprache nicht kannten, war eine zweisprachige Broschüre mit dem Ablauf der Messe und den Biographien der 15 jetzt seligen Katharinenschwestern vorbereitet worden.
Erstmals im Ermland: 15 Märtyrerinnen feierlich seliggesprochen.
Eine würdige Feier, fanden auch die Vertreter der „Ermlandfamilie“ vor Ort. Einen kleinen Wermutstropfen gab es aber doch, so Doktor Peter Herrmann vom Vorstand der Ermlandfamilie: „Ich bin den polnischen Geistlichen sehr dankbar, dass sie den Prozess der Seligsprechung durchgezogen haben Jetzt haben wir 15 Selige mehr im Ermland. Doch es wurde zwar nicht geleugnet, aber auch nicht explizit erwähnt, dass es deutsche Schwestern waren, die so heroisch handelten. Sie hätten fliehen können, taten es aber nicht, um bei ihren Schützlingen zu bleiben, obwohl sie wussten, was auf sie zukommen könnte.“ Norbert Block, Vorsitzender der Ermlandfamilie und als Journalist aktiv vor Ort, sah es ähnlich, betonte aber auch das Verbindende: „Man kann sagen, dass die Schwestern aus dem Ermland sind. Das macht dann Deutsche und Polen gleichermaßen stolz. Die Freude über die Seligsprechung gerade jetzt, 80 Jahre nach Kriegsende, überwiegt bei weitem. Und mit Blick auf die Ukraine, wo dieselben Taten und Verbrechen sich heute wiederholen, ist diese Seligsprechung auch wichtig als Zeichen an die Welt für Frieden und gegen die Grausamkeiten des Kriegs.“

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Und vielleicht gibt es mit dem letzten deutschen Bischof des Ermlands Maximilian Kaller bald noch einen weiteren Seligen, der das Ermland in den Scharen der Seligen und Heiligen vertritt.

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